Nur Erwartungen und Positionen auszutauschen sowie Modellversuche oder Werbekampagnen zu initiieren, ist auf Dauer zu wenig. Der gute Wille allein reicht nicht. Deswegen ist die Kritik auch diesmal wieder treffend, dass die Gipfel der Kanzlerin allmählich nur noch Inszenierungen sind, die an Problemen kaum etwas ändern. Eigentlich müsste es so sein: Die Politik unterbreitet konkrete Vorschläge, die Verbände diskutieren und bewerten sie. Am Ende dieses Prozesses stehen dann gemeinsam erarbeitete Ergebnisse, die umgesetzt werden. Doch davon ist auch der sechste Integrationsgipfel bei Angela Merkel weit entfernt gewesen.
Die türkische Gemeinde hat sich angesichts von reichlich vagen Aktionsplänen, Zwischenberichten oder Selbstverpflichtungen aus der Vergangenheit dazu berufen gefühlt, die Bundesregierung mit einem eigenen Gesetzentwurf für mehr Teilhabe vor sich herzutreiben. Das ist ein miserables Zeugnis für die Koalition, und es zeigt, dass sie integrationspolitisch längst noch nicht in der Realität angekommen ist. Als die Parteichefin vor sieben Jahren den ersten Integrationsgipfel im Kanzleramt einberief, war das noch ein enormer Schritt. Denn Merkel beerdigte damit endlich den Glauben, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Auch wenn von Anfang an jedem klar gewesen ist, dass die jahrzehntelangen Versäumnisse nicht rasch aufzuholen sein werden, bei vielen wichtigen Punkten wie der erleichterten Zuwanderung durch ein Punktesystem, der doppelten Staatsbürgerschaft, der Öffnung des Arbeitmarktes, dem Migranten-Mangel in Behörden oder besseren Bildungschancen, hat es die Regierung weitgehend nur bei warmen oder gar abwehrenden Worten belassen.
Die schwarz-gelbe Bilanz ist enttäuschend. Womit wieder die Kanzlerin ins Spiel kommt. Das Problem ist nämlich ausnahmsweise mal nicht die FDP. Sondern Merkels CDU. Dem Mut zur neuen Erkenntnis sind in der Union keine Konsequenzen gefolgt. Integration erschöpft sich für die C-Parteien nach wie vor darin, Migranten und deren Kindern vor allem das Erlernen der deutschen Sprache zu erleichtern, ihnen es mitunter auch vorzuschreiben. Deutsch ist sicherlich eine wichtige Voraussetzung dafür, dass Integration gelingen kann. Nur hat sich im Bildungswesen oder auf dem Arbeitsmarkt die Situation für Einwanderer trotzdem kaum spürbar verbessert. Und das in einer Zeit, in der die Wirtschaft der Eurokrise trotzt, in der sie Arbeitskräfte sucht und Deutschland in den Fachkräftemangel marschiert.
Zu Recht weisen die Verbände darauf hin, dass auch Migranten Wähler sind, dass sie inzwischen im Land eine wichtige wirtschaftspolitische Funktion haben, weil auch sie Hunderttausende Arbeitsplätze schaffen. Ihre eigenen Integrationsgipfel wären daher eine gute Gelegenheit gewesen, diese Erkenntnis endlich auch in der eigenen Partei zu verbreiten. Merkel hat die Chance verstreichen lassen.
Quellen: ots / Lausitzer Rundschau
Bild: Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde