Der reformunwillige Flügel der Muslimbrüder ist nach Ansicht der in Kairo lebenden Dokumentarfilmerin Amal Ramsis Filmemacherin seit dem Machtantritt des gestürzten ägyptischen Präsidenten Mursi zu einer sektenartigen Splitterpartei verkommen. Mursi sei keinesfalls auf demokratischem Wege ins Amt gelangt, sagte Ramsis in einem Interview mit der Tageszeitung «neues deutschland». Er habe sich die Stimmen der verarmten Landbevölkerung gekauft, «indem er Sonderrationen von Reis und Benzin» habe verteilen lassen. «Dort und in städtischen Ballungszentren ist die Analphabetenrate bekanntlich sehr hoch. Hier liegen die Hochburgen der Islamisten.»
Unter Mursi sei es vor allem für die Christen im Land gefährlich geworden, so die 41-Jährige Filmemacherin. «Die radikalen Islamisten hetzen die Menschen beider Glaubensrichtungen gegeneinander auf, damit aus Alltagskonflikten regelrechte Tumulte werden», berichtet die Regisseurin, die selbst der Minderheit der koptischen Christen in Ägypten angehört. Sie selbst könne sich in ihrem Wohnumfeld zwar frei bewegen, aber durch die Aktionen der Muslimbrüder, die für eine Wiedereinsetzung Mursis demonstrieren und ganze Stadtviertel blockierten, sei Kairo faktisch zu einer geteilten Stadt geworden.
Befürchtungen, dass das Militär die Unruhen zu einer Rückkehr alter diktatorischer Strukturen nutzen könnte, hat Ramsis nicht. Die Generäle «wissen, dass sie nicht wie eine südamerikanische Junta durchregieren können und dass ohne zivilgesellschaftlichen Schulterschluss mit der Bevölkerung derzeit keine Regierung eine Chance hätte.»
In eigener Sache: Mitarbeiter zu sofort gesucht! Werden Sie erfolgreich im Team der Hannover Zeitung
Bild: Staeiou (CC BY-SA 3.0)