Wenn sich Leidenschaft daran bemisst, wie viel Zeit ein Politiker beruflich und demnach auch mit privaten Konsequenzen für ein Projekt opfert, dann ist Angela Merkel eine leidenschaftliche Europäerin. Dutzende Reisen, Gipfeltreffen, Beratungen, Gremiensitzungen und Telefonate zur Bewältigung der europäischen Schuldenkrise hat die Kanzlerin in den vergangenen Jahren absolviert. Ihr Ziel, ein wettbewerbsfähiges, finanziell solides Europa mit effektiven Institutionen, hat die CDU-Vorsitzende immer wieder deutlich artikuliert. Auch das Leitmotiv, dass das wirtschaftliche Schicksal Deutschlands an der Wohlstandsentwicklung des Kontinents hängt, stammt von der Kanzlerin.
Peer Steinbrücks Ferndiagnose einer angeblich leidenschaftslosen, weil in der tristen DDR sozialisierten Kanzlerin ist daher nicht nur menschlich unanständig, sondern auch in der Sache unangebracht. Der SPD-Kandidat mag die Politik der kleinen Schritte der Kanzlerin für fragwürdig halten. Auch ihre Defizite bei der öffentlichen Rede sind bekannt. Dass sie deshalb eine leidenschaftslose Europapolitik verfolge, ist eine Unterstellung. Große Worte mögen Leidenschaft signalisieren. Gute Ergebnisse sind besser.
Quellen: ots / Rheinische Post / Michael Bröcker
Bild: Deutscher Bundestag / Lichtblick/Achim Melde