Wer hätte noch vor einem halben Jahr ein solches Ergebnis der Bundestagswahl in Betracht gezogen? Doch der ARD-Deutschlandtrend lässt keinen anderen Schluss zu: Eine Neuauflage von Schwarz-Gelb scheint möglich zu sein. Das Bündnis, deren Partner sich einst wechselseitig als «Gurkentruppe» und «Wildsäue» beschimpften und einen großen Teil der Legislatur heftig miteinander stritten, könnte also eventuell nach dem 22. September weitermachen. Woran liegt das? Es liegt nicht nur an Merkels Popularität. Andere Faktoren spielen auch eine Rolle. So ist zum Beispiel die deutsche Wirtschaft erstaunlich robust, vor allem im Vergleich mit dem Rest Europas. Gegen eine gute Konjunktur Wahlkampf zu machen ist grundsätzlich kein Zuckerschlecken. Es ist zwar so, dass die von Rot-Grün unter enormen Anstrengungen durchgeboxte Agenda 2010 viel mit der jetzigen ökonomischen Stärke zu tun hat, aber das hilft SPD und Grünen auch nicht weiter.
Beide Parteien sind immer noch damit beschäftigt, sich in weiten Teilen von der Agenda abzusetzen. Die SPD hat noch kein zündendes Thema gefunden, um die Bundesregierung in die Defensive zu drängen. Die Geheimdienst-Spähaktion der NSA ist sicher wichtig, ebenso die Affäre um die Drohne Euro Hawk. Aber keines dieser Themen ist wahlentscheidend. Die Sozialdemokraten haben auch noch kein Mittel gegen die Beliebtheit von Angela Merkel entdeckt. Von dieser Schwäche zeugen auch die SPD-Wahlplakate, die Bände sprechen. Der eigene Kanzlerkandidat Peer Steinbrück kommt nicht auf einem einzigen Plakat vor. Dafür gibt es mehrere Motive mit Angela Merkel. Will man Steinbrück verstecken? Bisher ist es nur die Bundeskanzlerin, die beharrlich so tut, als gäbe es keinen Herausforderer, aber das kann für die SPD eigentlich kein Maßstab sein.
Quellen: ots / Neue Westfälische / Alexandra Jacobson