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Elterngeld favorisiert die Ein-Kind-Familie und ist sozial ungerecht

Kaum hat das Statistische Bundesamt verkündet, dass Väter mehr Elterngeld erhielten als Mütter, und das Elterngeld zu einer höheren Zahl an erwerbstätigen Müttern führe, da wird in der Politik das Lob des Elterngelds gesungen. Wenn es um Familie als Institution geht, verstehen sich Wirtschaftsliberale, Sozialisten und Unionspolitiker prächtig: Am liebsten sollte es nichts geben und wenn, dann nur solche Leistungen, die dem Staat und der Wirtschaft nützen.

Das Elterngeld fördert, man könnte auch sagen, zwingt ökonomisch zum raschen Wiedereinstieg in den Erwerbsberuf. Und es begünstigt das von Wirtschaft und Politik favorisierte Lebensmodell, nämlich Vater und Mutter in Vollzeit. Aber das ist nicht das Modell, das die Deutschen mehrheitlich wünschen. Familienforscher Stefan Fuchs hat durch einen Vergleich der Mikrozensus-Daten von 1996 und 2012 nachgewiesen, dass das sogenannte modernisierte Ernährermodell mit einer teilzeiterwerbstätigen Mutter und einem vollzeiterwerbstätigen Vater stark an Verbreitung gewonnen habe, es ist in diesem Zeitraum von 30 auf 40 Prozent angestiegen. Das erklärt übrigens auch, warum Mütter weniger Elterngeld bekommen als Väter, weniger Lohn wegen Teilzeit bedeutet weniger Lohnersatz.

Das traditionelle Ernährermodell ist zurückgegangen, aber noch immer bedeutsam: Mehr als ein Viertel aller Paare mit Kindern unter 18 Jahren folgt diesem Modell. Bei Paaren mit kleinen Kindern unter drei Jahren ist die Nichterwerbstätigkeit der Mutter sogar noch die Regel.

Dem von der Politik favorisierten »egalitären Doppelverdienermodell», in dem beide Partner in Vollzeit erwerbstätig sind, folgten nur 14 Prozent der Familien. Die Wirklichkeit ist einfach: Eine wachsende Zahl junger Paaren, ja die Mehrheit unter ihnen, will sich selbst um seine Kinder kümmern, soweit es wirtschaftlich eben geht. Wie der Mikrozensus zeigt, ist das Fehlen von Vollzeitstellen nur für sieben Prozent der Grund ihrer Teilzeiterwerbstätigkeit, 75 Prozent geben dafür familiäre Gründe an.

Das Elterngeld führt zu einem weiteren negativen Effekt: Die Paare bekommen weniger Kinder. Das Elterngeld ist eine Maßnahme, die die Ein-Kind-Familie favorisiert. Denn die Rückkehr in eine Teilzeitstelle schmälert nicht nur das Einkommen, sondern mindert damit auch das potentiell künftige Elterngeld bei einem zweiten Kind.

Das Ziel der Bundesregierung, die Geburtenquote zu erhöhen, wird durch das Elterngeld in seiner jetzigen Form nachweislich nicht erreicht. Wenn man außerdem den Verteilungseffekt des Elterngelds von oben nach unten, es begünstigt als Lohnersatzleistung reichere Paare und hat das zweijährige Erziehungsgeld um ein Jahr gekürzt — ins Kalkül zieht, kann man sich über das Lob nur wundern. Es ist ein Lob des sozialen Unrechts, ein Lob für einen Sieg des (Staats-)Kapitalismus über die Familie.

Quellen: ots / Westfalen-Blatt / Bild: Gerd Altmann