Gemeinsame Erklärung der sozialdemokratischen Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern Vier Jahre lang haben wir unter den Bedingungen der Großen Koalition Rechtspolitik gemacht – in der Bundesregierung und im Bundesrat. Nach vier Jahren ist klar: Die Rechtspolitik der Großen Koalition trägt die Handschrift der Sozialdemokratie. Wir haben den sozialen Rechtsstaat kräftig gestärkt und ihn dort, wo es nötig war, engagiert verteidigt. Zugleich haben wir Wort gehalten und den Koalitionsvertrag umgesetzt. Unsere Bilanz kann sich sehen lassen: Wir haben im Bund und in den Ländern für mehr Rechtsstaatlichkeit gesorgt und die Bürgerrechte gestärkt. Die heimlichen Ermittlungsmethoden von Polizei und Justiz sind in der Strafprozessordnung jetzt transparenter und strenger geregelt. Gleiches gilt für die Verständigung im Strafverfahren. Die Länder haben den Jugendstrafvollzug erstmals gesetzlich geregelt und sind dabei der Maxime „Erziehung vor Strafe“ gefolgt. Das Untersuchungshaftrecht im Bund wurde neu geregelt. In den Ländern wurden die Regelungen über den Vollzug der Untersuchungshaft erstmals gesetzlich festgeschrieben. Wir haben unser Land sicherer gemacht und Opfer besser geschützt. Wo es nötig war, haben wir die strafrechtliche Terrorismusbekämpfung verbessert. Stalking ist jetzt als Straftatbestand definiert. Das erweiterte Führungszeugnis schützt vor Kindesmissbrauch und die Ausweitung der nachträglichen Sicherungsverwahrung vor gefährlichen Gewalttätern. Die Verfolgung von Kinder- und Jugendpornografie haben wir erleichtert. Die Rechte von Opfern sowie Zeuginnen und Zeugen im Strafverfahren werden wir noch in dieser Wahlperiode weiter ausbauen. Eine Regelung zur Zwangsprostitution scheitert am Widerstand der CDU/CSU, die betroffenen Frauen auch im Ausländerrecht besser zu schützen. Wir haben unser Land gerechter gemacht und die Verbraucherrechte ausgeweitet. Zum Beispiel mit der Reform des Versicherungsvertragsrechts, dem Verbot unerlaubter Telefonwerbung, einem besseren Schutz bei Kontopfändung und mehr Rechten für Bahnkundinnen und Bahnkunden. Damit unsere Marktwirtschaft sozial bleibt, wird noch in dieser Wahlperiode des Bundestages die Managervergütung neu geregelt, die Haftung der Manager verstärkt und der Schutz von (Klein-)Anlegern verbessert. Wir haben unser Land toleranter gemacht und das Familienrecht modernisiert. Vor Gericht haben Kinder jetzt mehr eigene Rechte und bei Vernachlässigungen oder Misshandlungen können Familiengerichte nun schneller und wirksamer eingreifen. Den Versorgungsausgleich nach einer Scheidung haben wir gerechter gemacht und Kinder im Unterhaltsrecht ganz nach vorn gerückt. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz schützt vor Diskriminierungen. Lebenspartnerschaften können jetzt überall im Standesamt geschlossen werden. Wir haben den sozialen Rechtsstaat verteidigt – auch gegen Teile des Koalitionspartners. Wir haben eine Militarisierung der Innenpolitik durch einen Einsatz der Bundeswehr im Innern verhindert. Eine Verschärfung des Jugendstrafrechts lassen wir nicht zu. Stattdessen haben wir gesetzlich festgeschrieben: Bei Jugendlichen geht Erziehung vor Strafe. Schwerpunkte sind Bildung und Ausbildung im Jugendstrafvollzug sowie eine bessere Nachsorge. Auch in Zukunft arbeiten wir für eine gerechte Gesellschaft, in der alle Menschen frei und sicher leben können. Wir wollen die Ideale der sozialen Marktwirtschaft und des sozialen Rechtsstaats neu beleben. Das Recht muss die Schwachen schützen und für einen fairen Ausgleich der Interessen sorgen. Gesetze sollen nicht bevormunden, sondern den Menschen den eigenen Lebensentwurf ermöglichen und bürgerschaftliches Engagement anregen und fördern. Die Freiheitsrechte seiner Bürgerinnen und Bürger muss der Staat auch in Zeiten der Bedrohung respektieren. Und er muss sie dort schützen, wo sie von der Wirtschaft bedroht werden. Sicherheit dient der Freiheit, sie darf deshalb kein Privileg für Wenige sein und nicht privatisiert werden. Unsere Aufgaben für die Zukunft: Wir stärken die Patientenrechte. Wir schaffen ein Patientenrechtegesetz, mit dem wir den Patientenschutz ausbauen durch bessere Aufklärung und mehr Information. Wir haben in Deutschland ein ausgefeiltes Haftungssystem, das aber nicht transparent genug ist. Dieses System werden wir überprüfen und auf eine einheitliche gesetzliche Grundlage stellen. Wir stoppen den Abmahn-Missbrauch. Wir gehen gegen missbräuchliche Abmahnungen vor, die aus nichtigem Anlass ausgesprochen werden und nur den Zweck haben, dem Abmahnenden oder seinem Anwalt Einnahmen zu verschaffen. Wir machen Gesetze einfacher und verständlicher. Wir werden Bürger, Wirtschaft und Behörden von überflüssigen Vorschriften entlasten und die Rechtssprache verständlicher machen. Das ist praktizierter Verbraucherschutz: Nur wer das Gesetz versteht und seine Rechte kennt, kann seine Ansprüche auch geltend machen. Wir verankern Kinderrechte im Grundgesetz. Um die Rechte von Kindern zu stärken und ihnen bei der Abwägung unterschiedlicher Interessen durch Gerichte, Behörden und Gesetzgeber noch mehr Gewicht zu geben, werden wir Kinderrechte ausdrücklich in der Verfassung festschreiben. Wir machen die Justiz stärker, effektiver und effizienter. Wir brauchen auch in Zukunft eine leistungsfähige Justiz, die zügig und sachkundig entscheidet und auch komplexe Wirtschafts- und Finanzstraftaten aufklären kann. Deshalb setzen wir uns für eine angemessene und bundeseinheitliche Richterbesoldung ebenso ein wie für eine gute Personalausstattung und Fortbildung. Auch eine moderne IT-Nutzung, zum Beispiel in Form der elektronischen Strafakte, ist dafür unerlässlich. Gerechtigkeit braucht eine starke Justiz. Sie ist ein Standortvorteil für unser Land und seine Wirtschaft. Deswegen lehnen wir eine Privatisierung des Gerichtsvollzieherwesens, der Grundbuchämter oder der Handelsregister ab. Wir sorgen für mehr Datenschutz für Arbeitnehmer. Die Selbstbestimmung über persönliche Daten muss auch im Arbeitsleben gelten. Wir wollen keine „gläsernen Arbeitnehmer“, deshalb schaffen wir ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. Wir schützen „Whistleblower“. Mit klaren rechtlichen Regelungen sorgen wir dafür, dass kein Arbeitnehmer, der rechtswidrige Zustände in seinem Unternehmen erkennt und anzeigt, Nachteile zu fürchten hat. Wir schaffen ein bundesweites Korruptionsregister. Mit einem Korruptionsregister wollen wir dafür sorgen, dass Unternehmen oder Personen, die sich mit Schmiergeldern auf Kosten der Allgemeinheit Aufträge verschaffen, langfristig von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. Wir vereinfachen das Vereinsrecht und stärken bürgerschaftliches Engagement. Die Anmeldung von Vereinen soll einfacher und deren Rechnungslegung unbürokratischer werden. Mit der „Mini-Genossenschaft“ schaffen wir eine neue Rechtsform für Selbsthilfeorganisationen mit kleinem Geschäftsbetrieb. Wer in ein staatliches Ehrenamt berufen wird, wird wirksam vor Benachteiligungen geschützt. Wir sorgen für mehr Sicherheit durch bessere Resozialisierung. Um die Rückfallzahlen zu senken, müssen Strafgefangene nach einer Entlassung besser ins Berufs- und Sozialleben eingegliedert werden. Wir sorgen dafür, dass die unterschiedlichen Institutionen in Netzwerken von staatlichen und ehrenamtlichen Partnern ihre Informationen besser miteinander austauschen und enger zusammenarbeiten und so eine bessere Wiedereingliederung möglich machen.
Wir schaffen die richtigen Justiz-Strukturen, um neue Gefahren zu bekämpfen. Die Verfolgung von Piraterie in internationalen Gewässern darf nicht durch Zuständigkeitsprobleme behindert werden. Deshalb setzen wir uns für zentrale Zuständigkeiten bei der Verfolgung von Piraterie ein.