Doppelausstellung von Richard-Paul Lohse und Regine Bonke in der Vordemberge-Gildewart-Galerie und im Kunst-Quartier des BBK in Osnabrück Vor 100 Jahren begann die konstruktive Kunst damit, das Bild der Welt neu zu gestalten. Im vorrevolutionären Russland entstand in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts eine Kunstrichtung, die sich mit abstrakten Konstruktionen beschäftigte, als Konstruktivismus zunehmend an Bedeutung gewann und die Basis für die Konkrete Kunst bildete. Eine Doppel-Ausstellung mit Werken von Richard-Paul Lohse und Regine Bonke präsentiert ab dem 20. März 2010 in Osnabrück die grenzüberschreitende Dimension dieser Kunstrichtung. Die Werke werden in der Vordemberge-Gildewart-Galerie und dem Kunst-Quartier des Bundes Bildender Künstlerinnen und Künstler ausgestellt. Das gemeinsame Projekt des Bundes Bildender Künstlerinnen und Künstler für Niedersachsen e. V. (BBK) Bezirk Osnabrück und der Vordemberge-Gildewart-Initiative stellt einen konstruktiv-konkreten Dialog über die Generationen hinweg dar. Bei der Vernissage am 19. März 2010 um 19 Uhr werden Regine Bonke und Johanna Lohse-James, Tochter von Richard-Paul Lohse, anwesend sein. Mit der Ausstellung werden erstmalig Arbeiten von Richard-Paul Lohse in Osnabrück gezeigt.
Der Begriff „Konstruktivismus“ wurde im Jahr 1913 von den russi-schen Künstlern Kasimir Malewitsch und Vladimir Tatlin eingeführt. Bisherige, gewachsene Formen- und Bildersprachen in der Malerei wurden beiseite gelegt, um malerisch mit grundlegenden geometrischen Formen und gleichmäßigen Farbflächen von vorne zu beginnen. Der Konstruktivismus hatte einen starken, weltweiten Einfluss auf zahlreiche Kunstrichtungen, wie z. B. den niederländischen De Stijl, das Bauhaus oder die Konkrete Kunst. Theo van Doesburg benutzte 1924 erstmals den Begriff „Konkrete Kunst“ und legte diesen 1930 bei der Gründung der Gruppe Art concret in einem Manifest programmatisch fest. Danach beruht Kunst auf mathematisch-geometrischen Grundlagen. Realität wird nicht abstrahiert, sondern Geistiges materialisiert, ohne symbolische Bedeutung und in unterschiedlichem Maße durch rein geometrische Konstruktion erzeugt. Einfache, geometrische Formen und gegenstandlose Malerei sind heute derart als künstlerische Ausdrucksmittel selbstverständlich, dass wir nicht mehr nach den Ursprüngen dieses Erfolgs fragen. Richard-Paul Lohse wurde 1902 in Zürich geboren und gehört mit seinen farbenfrohen modularen Ordnungen und strengen seriellen Farbreihen zur zweiten Generation der Konstruktiven und Konkreten Kunst. Was sein Werk von der ersten Generation unterscheidet, ist die Tatsache, dass er darin erstmalig eine vollkommene, mathematische Systematisierung der formalen Elemente und der Farben durchgeführt hat. Seine geometrischen und monochromen Bilder wurden nach einem modularen und seriellen Ordnungsprinzip geschaffen und finden eine Analogie in den Tontechniken der Zwölftonmusik. Zusammen mit Leo Leuppi gründete er 1937 die „Allianz“, eine avantgardistische Vereinigung moderner Schweizer Künstler. Im Jahr 1960 ehrte ihn sein Freund Friedrich Vordemberge-Gildewart, der an der Hochschule für Gestaltung in Ulm als Leiter der Abteilung für Visuelle Kommunikation tätig war, mit einer ersten großen Einzelausstellung. 1988 ist der Künstler in seiner Heimatstadt verstorben. Jetzt wird seine Graphik im Elternhaus von Friedrich Vordemberge-Gildewart und im Kunst-Quartier in Osnabrück ausgestellt.
Zusammen mit dem nach mathematischen Regeln hergestellten Werk Lohses werden im Kunst-Quartier des BBK die farbreduzierten strengen Skulpturen der um fast 50 Jahre jüngeren konkreten Bildhauerin Regine Bonke aus Ratzeburg in Schleswig-Holstein präsentiert. Die Künstlerin beschäftigt sich mit Wand- und Bodenobjekten und architekturbezogenen Installationen. Eigensinnig gestaltet sie ihre schwergewichtigen Quadrate und Kuben, die in vielen Orten in Deutschland und im Ausland ausgestellt werden und die ihr zahlreiche Nominierungen für Kunstpreise, z. B. für den Gabriele-Münter-Preis oder den Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein, eintrugen.