Masern der unterschätzte Feind — Berlin Herald

Wir Deutschen sind ein putziges Volk. Wir glauben gerne, dass Substanzen in T-Shirts zu lebensgefährlichem Hautausschlag führen, lehnen den Kauf von Gummibooten wegen der damit verbundenen Todesgefahr ab und fürchten uns vor Rinderwahnsinn. Die Schweinegrippe hat zur Produktion von Hektolitern Serum geführt, das Meiste konnte man wegkippen. Es gab nach einer letzten Zählung weltweit rund 15.000 Todesopfer zu beklagen. Jeder einzelne Fall ist schrecklich, doch verglichen mit dem Massenmord, den die angebliche Kinderkrankheit Masern anrichtet, war es Hysterie. Laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung wüteten die Masern bis Ende der 90er Jahre derart, dass mehr als 870.000 Todesopfer jährlich zu beklagen waren, bis 2011 haben Aufklärungskampagnen und Impfaktionen dafür gesorgt, dass diese Zahl auf knapp 160.000 gesunken ist.

Wer glaubt, in Deutschland könne man bei wenigen tödlich verlaufenden Krankheiten die geringe Impfquote ignorieren, vergisst, wie schnell sich durch den globalen Austausch Seuchen verbreiten. Welche Verantwortung der Weltbürger hat, zeigt das Beispiel des deutschen Lkw-Fahrers, der 2009 nach Bulgarien fuhr. Das Virus, das er mitbrachte, löste einen Massenausbruch mit 24.000 Erkrankten und 20 Toten aus. Angesichts solcher Dimensionen schrumpft die Debatte um Nebenwirkungen auf ein unbedeutendes Maß in sich zusammen. Und dennoch: Ein Liberaler wie Minister Daniel Bahr sollte nicht die Impfpflicht ins Spiel bringen. Die Verantwortung haben immer noch die Eltern. Sie gilt es zu überzeugen.

Quellen: ots / Allg. Zeitung Mainz / Stefan Schröder