Neues Projekt Suchtsensible Pflegeberatung gestartet — Berlin Herald

Missbrauch und Abhängigkeit von Medikamenten, aber auch von Alkohol, sind bei Menschen über 60 Jahren keine Seltenheit.

Laut einer Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit schätzen Pflegekräfte, dass derzeit ca. 14 % der Menschen, die von ambulanten Pflegediensten und in stationären Einrichtungen betreut werden, Alkohol- oder Medikamentenprobleme haben. Um dieser Problematik etwas entgegen zu setzen, haben die AOK Nordost und die Fachstelle für Suchtprävention Berlin das Gemeinschaftsprojekt „Suchtsensible Pflegeberatung“ ins Leben gerufen. Das Projekt ist deutschlandweit einmalig und startete Januar 2014 in Berlin mit einer ersten eintägigen Schulung für Beraterinnen und Berater aus den Pflegestützpunkten. Suchtsensible Pflegeberatung wird zunächst in den Berliner Pflegestützpunkten, ab Herbst 2014 in Mecklenburg-Vorpommern und ab 2015 in Brandenburg angeboten.

Als Beratungsstellen für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sind die Pflegestützpunkte wesentliche Anlaufpunkte, um im Pflegealltag zu unterstützen. Das Thema Sucht wird in den Beratungen immer häufiger angesprochen. Sie entsteht insbesondere durch die jahrelange selbstverständliche Einnahme von Schmerzmedikamenten und Schlafmitteln. Die Folge davon sind häufig auch Stürze. „Um dafür weiter zu sensibilisieren und damit die Beratungsmöglichkeiten in den Pflegestützpunkten zu professionalisieren, wurde das Konzept zur suchtsensiblen Pflegeberatung gemeinsam mit der Fachstelle für Suchtprävention Berlin entwickelt“, kommentiert Dr. Katharina Graffmann-Weschke von der AOK Nordost.

Der Senator für Gesundheit und Soziales Mario Czaja begrüßt den Start des neuen Projekts Suchtsensible Pflegeberatung. „Es ist wichtig, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflegestützpunkten ihre Beratungstätigkeit nun rund um das Thema Sucht erweitern können. Alkohol- und Medikamentenmissbrauch sind bei älteren Menschen ein ernst zunehmendes Problem, dem mit qualifizierter Aufklärungs- und Präventionsarbeit begegnet werden kann.“

„Problematischer Alkohol- oder Medikamentenkonsum als Risikoverhalten älterer Menschen muss zum einen überhaupt erkannt und in der Beratung respektvoll angesprochen werden. Suchtsensible Pflegeberatung setzt genau hier an und unterstützt Unabhängigkeit, Wohlbefinden und Gesundheit älterer Menschen im Sinne des politisch erklärten Gesundheitsziels — Gesund älter werden“, erklärt Kerstin Jüngling, Geschäftsführerin der Fachstelle für Suchtprävention Berlin.

„Die demografische Entwicklung zeigt, Gesundheit im Alter wird immer wichtiger. Für den Erhalt einer guten Gesundheit im Alter ist die suchtsensible Pflegeberatung ein sehr guter Ansatz. Denn mit gut geschulten Pflegeberaterinnen und -beratern, aber auch mit informierten Pflegekräften kann man Betroffenen und Angehörigen helfen, gesund zu leben bzw. gesund alt zu werden. Nach nunmehr 100 Tagen Trägerschaft der Fachstelle für Suchtprävention freuen wir uns über solche Gemeinschaftsprojekte“, so Jan Dreher, kaufmännischer Vorstand des Evangelischen Diakonievereins Berlin-Zehlendorf e.V..

Mit rund 2.000 Diakonieschwestern und Krankenpflegern ist der Evangelische Diakonieverein Träger der größten evangelischen Schwesternschaft in Deutschland. Seit 120 Jahren widmet sich der Verein deutschlandweit der Kranken-, Kinderkranken- und Altenpflege und ist kompetenter Partner für die Aus-, Fort- und Weiterbildung in Pflege und Sozialberufen. Zum 1. November 2013 hatte der Evangelische Diakonieverein den Geschäftsbetrieb der Fachstelle für Suchtprävention im Land Berlin übernommen.