Rechter Terror ist Realität in Deutschland — Berlin Herald

Natürlich herrscht in diesen Wochen, in denen der Münchener Mordprozess gegen Beate Zschäpe und Konsorten gerade angelaufen ist, dieses unangenehme, peinliche Gefühl auf den Fluren der deutschen Strafverfolgungsbehörden. Das Gefühl ist: Wir haben versagt. Wir waren blind. Ausgerechnet als Nazi-Terroristen zehn Menschen umgebracht haben. Und man scheint, hoffentlich, gewillt zu sein: Beim nächsten Mal wird es anders. Gestern war eines dieser nächsten Male. Staatsanwaltschaft und Polizei haben elf Wohnungen in Deutschland, den Niederlanden und der Schweiz durchsucht mit dem Ziel, geplanten Terror gewaltbereiter Rechtsextremisten zu verhindern. Das Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft wird bewusst mit starkem Hintergrundgeräusch geführt: Die Verdächtigen wollten das politische System der Republik aushebeln, sagen die Fahnder. Greifen sie jetzt wo sie sich doch schämen, zu tief in die Kiste? Ist die rechtsextreme Gefahr so groß, dass sie eine veritable Gefahr für die Sicherheit des Staates darstellen könnte?

Fakten geben die Antwort: Im April gab es bundesweit 48 Gewalttaten aus der rechten Ecke, 58 Menschen wurden verletzt. Die Taten waren von Hass gelenkt, richteten sich gegen Ausländer oder jene, die wie Ausländer wirken. Und der April war kein Ausnahmemonat. Rechtsextreme Gefahr ist also ständig da. Sie zeigt sich vielfältig, ist verwoben mit anderen Szenen wie die der Rocker. Sie ist unberechenbar und kann an jeder Straßenecke lauern. Sie ist skrupellos und riskiert jederzeit den Tod Unbeteiligter. Sie kann vor allem in nackten Terror umschlagen. Die NSU-Morde an Ausländern und der Anschlag in der Kölner Keupstraße sind der Beleg dafür und die Warnung davor, die Zeichen dafür zu übersehen. Mit dem Zugriff in Holland, Deutschland und der Schweiz arbeiten die Ermittlungsbehörden also nicht etwa einen Schuldkomplex ab. Sie tun das, was sie zwischen 2000 und 2007 unterlassen haben: genau hinsehen, einordnen und zugreifen, um verbrecherische Gewalt und die Bildung von sich selbst radikalisierenden Gruppen zu stoppen.

Quellen: ots / WAZ / Dietmar Seher

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